Rheumatoider Arthritis Herausforderung und Selbsthilfe

Rheumatoide Arthritis: Herausforderung und Hoffnung

Wie fühlt es sich an mit Rheumatoider Arthritis (RA) zu leben? Welche Symptome und Verläufe treten auf, welche Herausforderungen ergeben sich, und welche Bedeutung haben Selbsthilfegruppen für Betroffene?

„Es fing ganz harmlos an: Meine Finger waren morgens steif, ich konnte die Kaffeetasse kaum halten. Anfangs dachte ich, das sei normal, vielleicht vom vielen Tippen im Büro oder vom Wetter. Doch die Schmerzen wurden stärker, die Schwellungen nahmen zu, und irgendwann konnte ich mir fast nicht mehr die Haare bürsten. Als die Diagnose Rheumatoide Arthritis (RA) schließlich gestellt wurde, war ich erschrocken. Eine chronische Erkrankung? Für immer?

Jeder Tag ist anders. Mal fühle ich mich fast gesund, mal raubt mir die Entzündung jede Kraft. Schon Kleinigkeiten, wie Schuhe binden, werden zu echten Herausforderungen. Dazu kommen Ängste: Wie wird mein Körper in zehn Jahren aussehen? Werde ich irgendwann auf Hilfe angewiesen sein? Heute, einige Jahre später, habe ich gelernt, mit der Krankheit zu leben, Hilfe anzunehmen, auf meinen Körper zu hören und die kleinen guten Momente zu schätzen. Denn das Leben mit RA bedeutet nicht nur Einschränkung – es bedeutet auch, sich selbst neu kennenzulernen und Strategien zu entwickeln, um nicht von der Krankheit bestimmt zu werden.

Was mir besonders geholfen hat, war der Anschluss an eine Selbsthilfegruppe. Dort sitzen Menschen, die genau wissen, wovon ich spreche, wenn ich sage, dass mir das Aufschrauben einer Wasserflasche wie eine unüberwindbare Aufgabe vorkommt. Wir lachen zusammen über die Tücken des Alltags und hören zu, wenn jemand von einer besonders schlimmen Phase erzählt. Dieses Gefühl, nicht allein zu sein, hat für mich fast genauso viel Bedeutung wie die Medikamente, die ich einnehme. Denn die Gemeinschaft gibt mir etwas zurück, was die Krankheit mir zu nehmen droht: Hoffnung und Lebensfreude“, erzählt Frau K.

Selbsthilfegruppe für Menschen mit Rheumatoider Arthritis in Linz

Selbsthilfegruppe Rheumatoide Arthritis Linz

Unsere Selbsthilfegruppe für Menschen mit Rheumatoider Arthritis unterstützt dabei, die Krankheit besser zu verstehen und durch den Austausch mit anderen Betroffenen leichter zu akzeptieren. Im Gespräch und durch gemeinsame Erfahrungen finden wir Verständnis, Unterstützung und oft auch neue Zuversicht.

Fachärzt:innen informieren uns regelmäßig über die Krankheit und über neue Behandlungsmöglichkeiten. Auch Referent:innen aus anderen Fachbereichen klären uns über sogenannte Begleiterkrankungen wie das Sicca-/Sjögren-Syndrom oder Augenbeteiligungen auf. So fühlen wir uns medizinisch gut begleitet und können das Wissen im Alltag anwenden. Auch die Geselligkeit kommt nicht zu kurz: Beim Sommer-Saisonausklang im Juni und beim adventlichen Beisammensein stehen Unterhaltung und fröhliches Miteinander im Mittelpunkt.

Wir treffen uns am ersten Donnerstag im Monat um 16:15 Uhr (Med Campus III am Kepler Universitätsklinikum, EG Bau A, Mehrzwecksaal). Wir freuen uns über alle, die dazukommen möchten – zum Austauschen, Zuhören und gegenseitigen Mutmachen“, sagt Christine Stickler, Ansprechpartnerin der Gruppe (3.v.re.).

Was ist Rheumatoide Arthritis?

Rheumatoide Arthritis ist keine „Alterserscheinung“, wie viele glauben. Es handelt sich um eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem irrtümlich körpereigenes Gewebe angreift. Meist beginnt dieser Angriff in den kleinen Finger- und Zehengelenken. Dort entzündet sich die innere Gelenkhaut, sie schwillt an, produziert vermehrt Flüssigkeit und zerstört nach und nach Knorpel und Knochen.

Die Erkrankung verläuft schubweise. Es gibt Tage, an denen Betroffene sich fast gesund fühlen, und Wochen, in denen jeder Schritt Schmerzen verursacht. Besonders heimtückisch ist, dass RA oft schleichend beginnt. Schmerzen, Steifigkeit und Schwellungen sind die ersten Anzeichen. Typisch ist die Morgensteifigkeit: Die ersten Bewegungen des Tages fühlen sich an, als seien die Gelenke eingerostet. Hinzu kommen Müdigkeit, Erschöpfung und manchmal leichtes Fieber.

Doch es sind nicht nur die körperlichen Symptome, die das Leben so belastend machen. Viele berichten, dass der Alltag unberechenbar wird. Ein geplanter Ausflug, ein Treffen mit Freunden oder ein Arbeitstag im Büro können plötzlich infrage stehen, wenn ein Schub einsetzt. Diese Unsicherheit führt nicht selten zu sozialem Rückzug. Genau hier können Selbsthilfegruppen helfen, weil sie Verständnis bieten, das selbst enge Freunde oder Angehörige nicht immer aufbringen können.

In Österreich leiden etwa 0,8 Prozent der Erwachsenen an RA, was rund 64.000 Menschen entspricht. Frauen erkranken dreimal häufiger als Männer (Sobi).

Ursachen – ein Zusammenspiel von Faktoren

Warum das Immunsystem plötzlich die eigenen Gelenke attackiert, ist bis heute nicht vollständig geklärt. Sicher ist, dass mehrere Faktoren zusammenwirken. Eine genetische Veranlagung spielt eine Rolle: Menschen, in deren Familien bereits Autoimmunerkrankungen vorkommen, sind häufiger betroffen. Aber Gene allein erklären die Krankheit nicht.

Auch Umweltfaktoren tragen bei. Rauchen gilt als der wichtigste beeinflussbare Risikofaktor, weil es nachweislich Entzündungsprozesse im Körper verstärkt (Deutsche Rheuma-Liga). Schließlich sind es wahrscheinlich hormonelle Einflüsse, die erklären, warum Frauen etwa dreimal so häufig erkranken wie Männer. All dies zeigt: Rheumatoide Arthritis entsteht nicht durch eine einzelne Ursache, sondern durch ein komplexes Zusammenspiel von Erbanlagen, Lebensstil und äußeren Reizen.

Rheuma Selbsthilfe Herausforderung

Die Diagnose – oft ein steiniger Weg

Wer morgens mit steifen Gelenken aufwacht, denkt nicht sofort an eine chronische Autoimmunerkrankung. Viele schieben das zunächst auf Überlastung oder Wetterumschwünge, bis schließlich die Diagnose gestellt wird – nicht selten erst nach Monaten oder Jahren. Betroffene suchen zunächst Orthopäd:innen auf, in der Annahme, es handele sich um Verschleißerscheinungen. Erst Blutuntersuchungen und bildgebende Verfahren bringen Klarheit. Im Labor können bestimmte Antikörper nachgewiesen werden, die typisch für Rheumatoide Arthritis sind. Und Röntgen- oder MRT-Aufnahmen zeigen, ob bereits Schäden an den Gelenken entstanden sind.

Die frühe Diagnose ist entscheidend. Je schneller die Krankheit erkannt wird, desto eher lässt sich ihr Verlauf bremsen. Rheumatolog:innen sprechen von einem „therapeutischen Fenster“ in den ersten Monaten der Erkrankung – eine Zeit, in der die Chancen besonders gut stehen, das Fortschreiten aufzuhalten

Behandlung – ein langer Atem ist gefragt

Eine Heilung im eigentlichen Sinne gibt es bislang nicht. Doch moderne Therapien können die Krankheit so weit kontrollieren, dass viele Betroffene ein fast normales Leben führen können. Medikamente spielen dabei die zentrale Rolle. Sie wirken darauf hin, die Entzündung zu unterdrücken und das Immunsystem zu regulieren. Besonders wichtig sind sogenannte Basistherapeutika, die langfristig das Fortschreiten der Erkrankung verhindern.

Neben den Medikamenten ist Bewegung entscheidend. Physiotherapie hilft, die Gelenke beweglich zu halten. Therapien wie Unterwassergymnastik und sanftes Bewegen der Gelenke (Rheumaturnen) sowie gelenksentlastende Sportarten wie Schwimmen oder Radfahren können die Lebensqualität verbessern. Eine ausgewogene Ernährung, reich an Gemüse, Fisch und gesunden Fetten, wirkt sich zusätzlich positiv aus.

Und dann ist da noch der psychische Aspekt. Chronische Schmerzen zermürben, machen müde und können in die Depression führen. Wer Unterstützung sucht – sei es durch eine Psychotherapie oder eine Selbsthilfegruppe –, hat bessere Chancen, mit der Krankheit aktiv umzugehen.

Alltag – Grenzen und Möglichkeiten

Das Leben mit Rheumatoider Arthritis verlangt Geduld und Kreativität. Viele Betroffene lernen, alltägliche Handlungen auf andere Weise zu bewältigen. Hilfsmittel, wie spezielle Öffner für Flaschen oder ergonomische Küchenutensilien, erleichtern vieles. Genauso wichtig ist es, die eigenen Grenzen zu akzeptieren und Pausen einzuplanen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.

Eine Betroffene bringt es so auf den Punkt: „Ich musste lernen, dass ich nicht mehr alles gleichzeitig schaffen kann. Früher habe ich Haushalt, Arbeit und Familie unter einen Hut gebracht. Heute brauche ich Pausen. Aber das macht mich nicht weniger wertvoll.“

Hier zeigt sich erneut die Bedeutung von Gemeinschaft. In Selbsthilfegruppen entstehen Netzwerke, die weit über den Austausch von Tipps hinausgehen. Es geht um Verständnis, um gegenseitige Motivation, manchmal einfach nur ums Zuhören. Viele beschreiben die Gruppe als einen sicheren Hafen, in dem sie ihre Sorgen teilen können, ohne erklären zu müssen, wie sich ein steifes Gelenk anfühlt.

Österreichische Rheumaliga (ÖRL)

Die ÖRL ist eine Patient:innenorganisation, die Menschen mit rheumatischen Erkrankungen unterstützt. Sie bietet Informationen, Beratung, Selbsthilfegruppen und Schulungen an, fördert den Austausch Betroffener und setzt sich für eine bessere Versorgung und Aufklärung rund um Rheuma ein.  

Betroffene, Angehörige und Interessierte sind herzlich eingeladen, sich am Linzer Rheumatag zu informieren!

11. Oktober 2025 Linzer Rheumatag der ÖRL

Hoffnung durch moderne Medizin und soziale Unterstützung

Die Prognose bei RA hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verbessert. Während früher viele Betroffene im Laufe der Jahre schwere Gelenkzerstörungen erlitten, können moderne Medikamente den Krankheitsverlauf heute oft so weit bremsen, dass das Leben kaum eingeschränkt ist. Die Krankheit bleibt zwar ein ständiger Begleiter, der Aufmerksamkeit erfordert, muss aber nicht das gesamte Leben bestimmen. Wer rechtzeitig behandelt wird, Unterstützung sucht und auf die Signale seines Körpers achtet, hat gute Chancen, RA in den Hintergrund zu drängen.

Rheumatoide Arthritis ist weit mehr als eine Gelenkerkrankung. Sie betrifft Körper und Seele, verändert den Alltag und zwingt die Betroffenen, ihr Leben neu zu organisieren. Doch sie ist kein unüberwindbares Schicksal. Mit bewusster Lebensführung und vor allem menschlicher Unterstützung – sei es durch Familie, Freunde oder Selbsthilfegruppen – lässt sich ein erfülltes Leben führen.

Frau K. bringt es auf den Punkt: „Die Krankheit nimmt mir manchmal Kraft und Beweglichkeit, aber sie hat mir auch gezeigt, wie wichtig Gemeinschaft ist. Ich habe gelernt, Hilfe anzunehmen und das Leben nicht allein durchzustehen.“

Infos und Kontakt

Selbsthilfegruppe für Menschen mit Rheumatoider Arthritis: Programm

Ansprechpartnerinnen: Christine Stickler|Tel. 0676 3903 086|E-Mail: polystick@liwest.at

Dagmar Herzog|Tel. 06764 8190 784

Österreichische Rheumaliga (ÖRL)https://rheumaliga.at/

Online-Sprechstunden der ÖRL: https://www.youtube.com/@osterreichischerheumaliga6456/streams

 

… und zu den Selbsthilfegruppen in OÖ: https://www.selbsthilfe-ooe.at/selbsthilfegruppen

FOTOS: Freepik | ÖRL und privat

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