10 Jahre Parkinson – ein unverblümter Erfahrungsbericht

Als ich die Diagnose Parkinson vor zehn Jahren erhielt, schwächte der Neurologe die erste Phase der Krankheit ab: Er erklärte mir, dass die medikamentöse Anti-Parkinson-Therapie in den ersten fünf bis zehn Jahren zu (fast) völliger Symptomfreiheit führen kann, sodass die meisten Patient:innen ein annähernd normales Leben führen können. Er nannte es die Honeymoon-Phase.

Die Honeymoon-Phase

In dieser ersten Krankheitsphase ist die Medikamentenwirkung im Laufe des Tages sehr ausgeglichen. Es treten nur sehr geringe oder gar keine Nebenwirkungen auf. Wie ich aber schnell feststellte, sind es die Jahre der langsamen, doch stetigen Ausbreitung der Symptome – sowohl von der Vielfalt als auch von der Intensität. Sozusagen das „Vorspiel“ bis zum richtigen Ausbruch. Parkinson lässt den meisten Betroffenen also viel Zeit, sich auf die Krankheit einzustellen und lernt einem, mit den immer häufiger werdenden Defiziten umzugehen. 
 
Ich habe mich nie mit dem Gedanken beschäftigt, wie mein Gesundheitszustand nach dieser Honeymoon-Phase sein wird. Mein Ziel war es vielmehr, in dieser Zeit noch viele Dinge umzusetzen, die mir wichtig waren. So hatte ich mit meinen 54 Jahren, als ich meine Diagnose erhielt, den festen Vorsatz, bis zum gesetzlichen Pensionsalter zu arbeiten. Dies setzte ich um und hängte sogar noch ein Jahr als Beraterin hinten dran. Mit Jänner 2022 legte ich dann meine Tätigkeit als Geschäftsführerin von zwei kunststoffverarbeitenden Betrieben und einem Sondermaschinenbau nieder. Aufgrund meiner spürbar nachlassenden Energien war das exakt der richtige Zeitpunkt.

Ende der Schonfrist

Mit Ende 2023 sind nun zehn Jahre vergangen, seit ich diagnostiziert bin, und meine Schonfrist ist definitiv abgelaufen. Es wird vieles schon sehr mühsam und die Zeit, meine Symptome überspielen zu können, ist unwiderruflich vorbei. Die Wirksamkeit der Medikamente – trotz erhöhter Dosis – lässt nach und die ersten Nebenwirkungen der starken Pillen machen sich bemerkbar. Klingt beängstigend, mag sich ein gesunder Mensch denken oder auch jene, die erst frisch ihre Diagnose erhalten haben.

Aber dem ist nicht so. Denn wenn man sich regelmäßig bewegt, weiterhin Interesse am Leben zeigt und der Krankheit positiv gegenübersteht, ist die Luft auch nach zehn Jahren noch immer nicht ganz draußen.  

Die Hauptrolle hat Parkinson bei mir noch lange nicht übernommen, sondern ich gestehe  der Erkrankung lediglich eine Nebenrolle zu. Das ist aber nur deshalb möglich, weil ich täglich meine Bewegungsübungen mache, meine Kreativität in verschiedenen Richtungen auslebe und meine neu dazugewonnenen Freundschaften pflege. Daher komme ich nicht ins Grübeln. Meine Gedanken sind weitgehend positiv ausgerichtet. 

Selbsthilfegruppe Parkinson

ParkinsonPositiv OÖ

Zusätzlich habe ich im Oktober 2022 die Selbsthilfegruppe „ParkinsonPositiv OÖ“ gegründet, auf deren Mitglieder ich besonders stolz bin.  Wir sind mittlerweile zu einer Patchworkfamilie zusammengewachsen. Wir sprechen offen über unsere Defizite, aber auch über die schönen Dinge des Lebens und inspirieren uns gegenseitig, unserem Leben Farbe zu geben.

So war es nicht verwunderlich, dass mein kürzlich in der Tanzschule Hippmann in Wels organisierter Tanzkurs ausschließlich für Parkinson-Betroffene und deren Angehörige genug Tanzfreudige fand, um am 14.11.2023 mit dieser schwungvollen und motivierenden Bewegungstherapie mit vorerst acht Einheiten zu starten. Es würde mich freuen, wenn ich – auch außerhalb unserer Selbsthilfegruppe – Betroffene für diesen empfehlenswerten Kurs begeistern könnte. Es macht wirklich Spaß.

Wie geht es weiter?

Mit der Frage, wie die nächsten zehn Jahre verlaufen werden, will ich mich erst gar nicht beschäftigen. Meine Devise ist, jene Schlupflöcher zu finden, die das Leben noch lebenswert machen und diese zu genießen. Ich bin dankbar für die Möglichkeiten, die ich trotz Einschränkungen noch nutzen kann.

In diesem Sinne schöne Grüße aus dem sonnigen Teneriffa, dass ich zu meiner zweiten (Wahl-)Heimat gemacht habe, weil es mir einfach gut tut …

 

Neugierde geweckt? 

    Falls du den Fortschritt der Krankheit nicht tatenlos hinnehmen willst, dir gegenseitige Wertschätzung und Gruppendynamik wichtig sind und du dich auch selber einbringen willst, dann melde dich einfach gerne bei uns!“

Ulrike Huemer

Infos und Kontakt

Selbsthilfegruppe ParkinsonPositiv OÖ

Ulrike Huemer, E-Mail: u.huemer@gmx.at
0676 8300 4431

 

Weitere Infos und Termine: www.parkinson-positiv.at                                                           https://www.selbsthilfe-ooe.at/selbsthilfegruppen/

Deine Meinung ist gefragt!

Welche Erfahrungen hast du gemacht? Welche Fragen beschäftigen dich? 

Teile deine Fragen und Erfahrungen mit uns in den Kommentaren!

Empfehle diesen Artikel deinen Freunden

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments