Die Selbsthilfegruppe Epilepsie OÖ veranstaltete am 18. November 2023 in Linz im Volkshaus Dornach eine öffentliche Fachtagung zum Thema „Leben mit Epilepsie“.
Was ist Epilepsie?
Epilepsie ist eine chronische Erkrankung des Nervensystems, die weltweit und in allen Bevölkerungsschichten auftritt. Etwa ein Prozent der Bevölkerung ist davon bezroffen. Der erste epileptische Anfall kann in jedem Alter auftreten. Die verschiedenen Anfallsformen kennzeichnet eine plötzliche extreme Aktivitätssteigerung im Gehirn – wie bei einem „Gewitter im Kopf“ entladen sich viele Nervenzellen gleichzeitig. Bei gesunden Menschen ist die Tätigkeit der Nervenzellen genau abgestimmt. Bei Epileptiker:innen hingegen ist dieses Gleichgewicht zeitweise gestört. Epilepsie ist keine „Geisteskrankheit“ (wie früher oft angenommen), sondern eine neurologische Erkrankung. Nur während der Anfälle verlieren Epileptiker:innen kurzzeitig die Kontrolle. Ansonsten fühlen und denken sie wie gesunde Menschen. Mit modernen Medikamenten beziehungsweise durch neurochirurgische Eingriffe und optimale Therapie können Betroffene auch langfristig anfallsfrei werden und gut mit der Epilepsie leben.
Die Krankheit wird von Betroffenen meist als tiefer Einschnitt in das eigene Leben empfunden und wirkt sich auf fast alle Bereiche ihres Alltags aus. Viele sind häufig mit Unwissenheit, Missverständnissen und Vorurteilen konfrontiert und leiden oft mehr unter der sozialen Ausgrenzung als unter der Krankheit selbstt
Wissenswerte Informationen
„Im Rahmen unserer monatlichen Gruppentreffen möchten wir Betroffene und Angehörige dabei unterstützen, ihre Lebensqualität zu verbessern. Häufig erhalten wir die Rückmeldung, dass die Krankheit in der Öffentlichkeit noch immer viel zu wenig bekannt ist. Es ist oft schwierig, der Gesellschaft näherzubringen, dass Epilepsie eine ,normale‘ Krankheit ist – mit milden und schweren Verläufen – die heute wirkungsvoll behandelbar und oft sogar heilbar ist.
Es ist mir ein aufrichtiges Anliegen, dass in der Öffentlichkeit nicht nur die Schwächen und Risiken, sondern vermehrt auch die persönlichen Stärken von Menschen mit Epilepsie wahrgenommen und akzeptiert werden. Sich angenommen und geliebt zu fühlen, sind menschliche Grundbedürfnisse. Ich bin überzeugt, dass Betroffene durch eine bessere Integration und Annahme wieder mehr Gesundheit erreichen könnten. Darum hatten wir im November eine öffentliche Veranstaltung mit Vorträgen von Expert:innen organisiert und unsere Selbsthilfegruppe vorgestellt.
Die Fachtagung war eine gelungene Veranstaltung. Wir erhielten von den rund 40 Teilnehmer:innen viele positive Rückmeldungen und ein großes Dankeschön für die hilfreichen und nützlichen Informationen. Einige der Besucher:innen möchten künftig auch an den Treffen unserer Selbsthilfegruppe teilnehmen. Sowohl von den Vortragenden als auch von Teilnehmer:innen kam der Wunsch, dass in Zukunft wieder ähnliche Veranstaltungen angeboten werden sollten“, resümiert Johanna Heiligenbrunner, Leiterin der Selbsthilfegruppe Epilepsie OÖ.
Programm Fachtagung
18. November 2023 – Volkshaus Dornach, Niedermayrweg 7, 4040 Linz
10 bis 12 Uhr
Neues zur Kinderepileptologie – OÄin Priv.-Doz.in Dr.in Gudrun Gröppel, Neurologin, Kepler Universitätsklinikum
Schule und Epilepsie – HRin Dr.in Gertrude Jindrich, Landesschulärztin
Behandlungsmöglichkeiten bei Erwachsenen – OÄ Dr.in Gabriele Schwarz, Neurologin, Kepler Universitätsklinikum
Alltag mit Epilepsie – Mag.a Daniela Schneider, Neuropsychologin
Mittagspause
13 bis 15 Uhr
Leben und Arbeit mit Epilepsie – Mag.a Heidemarie Leitgeb, Epilepsiefachberaterin, Institut für Epilepsie
Glückliches Leben trotz Krankheit – DSAin Irene Penz, MSc, Sozialarbeiterin und Psychotherapeutin
Lebensfreude durch Spiritualität gewinnen – P. Leopold Muttenthaler, Pfarrer
Büchertisch (Fachliteratur Epilepsie)
„Wir sind dankbar, dass so viele Expertinnen und Experten unsere Einladung, bei der Fachtagung mitzuwirken angenommen haben.
Die Besucherinnen und Besucher bedankten sich für die vielen nützlichen und hilfreichen Informationen“, sagt Johanna Heiligenbrunner.
Erfahrungsbericht: Mein Leben mit Epilepsie
Am Tag meiner Geburt wurde ich wegen eines angeborenen Herzfehlers von meiner Mutter getrennt und zur weiteren Abklärung ins Krankenhaus nach Wien gebracht. Im vierten Lebensmonat wurde eine weitere Herzuntersuchung durchgeführt. Es kam zu einem Herz- und Atemstillstand. Aufgrund des Sauerstoffmangels musste ich reanimiert werden. Durch dieses Ereignis musste ich bereits im Kleinkindalter mit den Folgeschäden leben lernen – einem Leben mit Epilepsie.
Während meiner Schulzeit wurde ich sowohl von Mitschüler:innen verspottet als auch von einigen Lehrer:innen unterschätzt statt unterstützt, denn ich konnte mich aufgrund der damaligen Medikamente oft nicht richtig konzentrieren. Mir wurde die Teilnahme am Turnunterricht verboten. Das verstand ich damals nicht, denn ich war ein sportliches, aktives Mädchen und das Turnen hätte mir viel Spaß gemacht. Auch an den Schullandwochen durfte ich nicht teilnehmen. Das für mich nur schwer ertragbare Resultat war Ausgrenzung. Ich entwickelte Minderwertigkeitsgefühle, die mich häufig schwer bedrückten. Auch dass ich als Behindertenpädagogin manch ungerechtfertigte Kündigung hinnehmen musste, empfand ich als diskriminierend.
Es gibt in meinem Leben aber auch viel Gutes und ich hatte viele Jahre nicht für möglich gehalten, dass einer meiner größten Wünsche in Erfüllung gehen könnte: Vor fast zwei Jahren habe ich einen gesunden Sohn zur Welt gebracht. Mit der richtigen medizinischen Betreuung verliefen Schwangerschaft und Geburt ohne Probleme. Meine Lebensfreude ist nach wie vor ungebrochen – ich freue mich auf ein glückliches Leben mit meinem Mann und unserem kleinen Jonathan. Johanna Heiligenbrunner
Infos und Kontakt
Selbsthilfegruppe Epilepsie OÖ
Johanna Heiligenbrunner, Tel.: 0650 9922 636
E-Mail: epilepsie.ooe1@gmail.com
Programm und aktuelle Termine der Selbsthilfegruppe: https://www.epi-ooe.at/programm/jahr-2024
Selbsthilfegruppen in OÖ: https://www.selbsthilfe-ooe.at/selbsthilfegruppen/selbsthilfegruppe_finden/
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